Backstein – Der rote Baustoff der Hanse Erschaffen für die Ewigkeit
Der rote Backstein gab der Hanse über Jahrhunderte Ihr Gesicht und hinterließ eindrucksvolle Bauwerke für Generationen. Mit Backstein aus Lehm konnten standfeste Mauern, hohe Kirchen und mächtige Burgen in Gebieten ohne Steinvorkommen gebaut werden. Mit der Zeit hatte sich so im Ostseeraum aus der Gotik die „Backsteingotik“ entwickelt.
Inhaltsverzeichnis
- Ursprung des Ziegel
- Vorteile von Ziegelsteinen
- Was ist Lehm
- Ziegel – Baustoff der Römer
- Backstein im Mittelalter
- Das Klosterformat
- Herstellung im Mittelalter
- Härtegrade von Backstein
- Begriffe zu Backstein
- Fachbegriffe
- Backsteingotik
- Gebäude der Backsteingotik
- Europäische Route der Backsteingotik
Alles begann mit dem Lehmziegel

Vorteile von Ziegelsteinen:
- Man kann sie stapeln
- Der Grundstoff Lehm ist häufig verfügbar
- Sie sind einfach herzustellen
- Günstig in der Herstellung
- Sie waren leicht zu transportieren
- Ziegelsteine sind fest und stabil
- Man benötigt für den Bau mit Backstein keine Schalung aus Holz
- Backstein ermöglicht es, vielerlei Bauformen zu realisieren
- Mit einem Glasüberzug entstehen farbige Elemente auf den Ziegeln (später)
- Der Lehm speichert Wärme
- Lehm wirkt regulierend auf die Luftfeuchtigkeit
Was ist Lehm?

Lehm ist eine Mischung aus Sand, Schluff und Ton. Das Wort stammt aus dem indogermanischen „Lei“ für schleimig, glitschiger Boden. Im Vergleich zu Ton mit einer Korngröße von weniger als 2 Mikrometer, der auch für Töpferwaren verwendet wird, hat Lehm eine wesentlich größere Korngröße. Als Baustoff wurde Lehm schon in der Steinzeit verwendet. Vielerorts kommt das Material in Schichten unter der Erde vor. In Deutschland ist kein Ort weiter als 80 Kilometer von einem Lehmvorkommen entfernt.
Mager und fett
In Verbindung mit Kalk wird Lehm übrigens als Mergel bezeichnet. Verfügt der Lehm hingegen über einen hohen Bestandteil an Ton, wird er als „fett“ bezeichnet. Mit weniger Ton nennt man ihn „mager„. In Verbindung mit Wasser quillt Lehm auf und nimmt so an Volumen zu. Auf der anderen Seite führt ein geringerer Wasseranteil zu einem Schrumpfprozess. Das Foto rechts stammt von / CC BY-SA
Der Ziegel wird zum Baustoff der Römer

Zur Zeit der Antike (800 bis 600 v. Chr.) war das Bauen mit Backstein in Europa noch wenig verbreitet. Erst durch die Römer gewann der Baustoff mehr und mehr an Bedeutung. Mit der Ausbreitung des Römischen Reich um 100 v. Chr. wuchs auch der Bedarf an Baumaterial sprunghaft an. In der Folge wurden überall im Reich Ziegel hergestellt. Sogar die Legionäre der Römischen Armee stellten diesen Baustoff in provisorischen Feld-Ziegeleien in ihren Legionslagern her.
Zeitgleich wird der wichtige Baustoff „Mörtel“ erfunden
Zusammen mit der Erfindung des Mörtels, ebenfalls durch die Römer, ergab sich so eine langlebige und solide Baumaterial-Kombination. Mörtel (opus caementitium) besteht übrigens aus 1 Teil Kalk sowie 3 Teile Quarz, Grauwacke, Sandstein, Tuff oder Ziegelbruchstücken. In einem zweiten Schritt wurden die damaligen Mauerwerke häufig noch verputzt. Typische römische Backstein Ziegel waren flach und dünn. Nicht selten ergänzten Sie auch die dortigen Betonbauwerke. Im Lauf der Zeit verdrängte der Backstein so den zuvor verwendeten Tuffstein bis zum Ende seiner Blütezeit im 2. Jahrhundert.

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Backstein im Mittelalter – Christliche Mönche greifen den Backstein Baustoff wieder auf

Während die Backstein-Tradition in Italien weiter gepflegt wurde, endete diese im übrigen Europa. Erst als christliche Mönche den Baustoff im 12. Jahrhundert wegen der besseren Maßhaltigkeit (geringeren Abweichung beim Bau gegenüber Naturstein) wieder aufgegriffen, erlebte der Backstein seine zweite Blütezeit. Hieraus entwickelte sich der Backstein im sogenannten „Klosterformat„. Besonders im Nord- und Ostseeraum, wo es bis auf Findlinge keine natürlichen Gesteinsvorkommen zur Baustein-Gewinnung gab, setzte sich der relativ leicht herzustellende, preiswerte und harte rote Baustoff durch. Denn hier gab es ausreichend Lehmvorkommen. Großartige Zeugnisse dieser ersten Anfänge waren der Dom zu Roskilde (1170) in Dänemark und später die Marienkirche in Lübeck (1277).
Das Klosterformat

Als Klosterformat wird ein Ziegelformat bezeichnet, welches vermutlich im 12. Jahrhundert von Mönchen entwickelte wurde. Es stellte kein einheitliches Format dar und konnte in seinen Maßen variieren.
Backsteine im Klosterformat war das bevorzugte Ziegelformat des Mittelalters. Verwendet wurde diese Ziegel jedoch von der Romanik, der Backsteingotik hin zur Backsteinrenaissance.
Maße von Backsteinen im Klosterformat:
- Länge: 28-30 cm
- Breite: 14-15 cm
- Höhe: 9-10 cm
So wurde Backstein im Mittelalter hergestellt

Traditionell wurden Ziegel aus Lehm (Mischung aus Sand, Schluff und Ton) oder Ton (Minerale / Schichtsilikate) und Wasser hergestellt. Mehrmals wurde der Lehm/Ton mit Wasser versetzt (gemaukt/gesumpft) und wieder getrocknet (gesommert), um Gase entweichen zu lassen. Fallweise fügte man noch Sand hinzu und gab die Masse in einen Formrahmen (Ziegelmodell) der oben offen war. Überschüssiges Material wurde abgestrichen und die Form gestürzt und die Ziegel Rohling dann mehrere Wochen luftgetrocknet.
Anschließend schichtete man die lederharten Rohlinge abwechselnd mit Holzkohle auf und bedeckte diese dann mit Lehm und Bruchziegeln zu einem sogenannte Meiler (Feldbrandofen). Der Brennvorgang nahm ca. 14 Tage in Anspruch. Insgesamt waren die Ziegel jedoch nur 3 Tage direkt Temperaturen von 600-900 Grad ausgesetzt. Die restliche Zeit diente zum Aufwärmen und Abkühlen. Nur 30 % der fertigen Ziegel waren von guter Qualität. Weitere 30 % mangelhaft und der Rest Ausschuss!
Härtegrade von Backsteinen
Ab dem 14. Jahrhundert produzierte man vermehrt in den aufkommenden Ziegelwerken. Diese verfügten über größere Öfen, deren Brennkammer oft mit Kalkstein ausgemauert war. Dies führte zu einem kontrollierten Herstellungsprozess unter gleichbleibenden Bedingungen. Temperaturen konnten erhöht werden und somit Ziegel heißer brennen. So ließ sich die Produktion entscheidend erhöhen und der Ausschuss konnte verringert werden. Die so gewonnen Ziegel waren so hart, dass in den Hansestädten sogar Stadtmauer, Türme und Burgen aus ihnen errichtet. Ein schönes Zeugnis ist die Marienburg in Polen aus dem 13. Jahrhundert. Sie wurde komplett aus Backstein errichtet.
Je nach Härtungs Methode unterscheidet man Ziegel in:
- Luftgetrocknete Ziegel – (Adoben oder Lehmziegel). Geringe Belastbarkeit von nur 150 kg/cm². Beispielsweise in wärmeren Regionen Afrikas verwendet.
- Gebrannten Ziegel – Bei 800 – 1100 Grad im Brennofen gebrannt und langfristig verfestigt, jedoch nicht sonderlich witterungsbeständig. Mittlere Belastbarkeit von 250 kg/cm². Verwendung für Innenwände die zusätzlich verputzt werden.
- Ziegel hart gebrannt – Bei 1200 Grad (Klinker und Dachziegel) gebrannt. Leichter und witterungsbeständiger Stein durch geschlossene Poren. Hohe Belastbarkeit von 500 kg/cm². Verwendung für Außenwände und Pflaster.
Buchempfehlungen:
Übersicht der wichtigsten Begriffe zu Backstein, Ziegel und Co.:
- Ziegel – Lehmziegel, Dachziegel oder Adobe in Quaderform. In Süddeutschland sowie der Schweiz versteht man übrigens unter einem Ziegel nur Dachziegel.
- Backstein – Den einfachen Backstein aus Lehm brennt oder backt man bei 900 Grad in Ziegeleien gebrannt. Er ist jedoch offenporig und nicht sehr witterungsbeständig, so dass er häufig nur in Innenwänden zum Einsatz kommt. Die Wände lässt man dann noch zusätzlich verputzen. Besteht der Backstein jedoch aus Ton, so ist es möglich ihn heißer zu brennen. Hierdurch ist er umso härter, leichter und beständiger. In Süddeutschland sowie der Schweiz versteht man übrigens unter einem Backstein einen Mauerziegel.
- Klinker – Klinker besteht aus Feldspat sowie weiß- oder rot brennenden Tonmaterial (blauer Ton, reich an Alumosilikat). Nachdem man ihn bei 1200 Grad gebrannt hat, ist er extrem hart sowie witterungsbeständig.
Weitere Fachbegriffe:
- Terrakotta – Unglasierte keramische Produkte aus einfachem Ton. Häufig in Form dekorativer Schmuckelemente an Gebäudefassaden.
- Mauerwerk – Einfache gebrannte Ziegel und Mörtel (Kalk und Zement).
- Blend Ziegel – Aus optischen Gründen vorgesetzte, nicht tragende, Vorsatzschale des zweischaligen Mauerwerks. Auch Oberbegriff für frostsichere Steine (Verblender, Klinker, Riemchen). Viele Haus- und Villen-Fassaden aus dem 19. Jahrhundert wurden mit Blend Ziegeln errichtet. Häufig anzufinden in Berlin, Leipzig, Halle und Dresden.
- Sonderziegel – Beispielsweise tragende Loch- oder Hohlziegel (z. B. von Poroton) mit Löchern zur Gewichtsreduzierung und Wärmedämmung. Bereits von den Römern zur Warmluftverteilung eingesetzt.
- Glasur – Oberflächenveredelung die den Klinker ein glattes, farbiges Äußeres verleiht. Hierzu werden die Backstein-Rohlinge vor dem Brennen mit einem Schlicker überzogen der kleine Mengen Ton und gemahlenes Glas (Glasurfritten) enthält. Beim anschließenden Scharfbrand bei 1.280 Grad geht die Glasur eine unlösliche, geschlossene und glasartige Verbindung mit dem Klinker ein, die in der Sonne farbig glänzt.
- Klosterformat – Für den Bau repräsentativer Gebäude setzten sich Ziegel im so genannte Klosterformat (28×15×9 cm bis 30×14×10 cm und einer durchschnittlichen 1,5 cm Fuge) durch.
- Ornament – Dekoratives, sich wiederholendes, abstraktes Muster an Gebäuden (von lat ornare „zieren„, „schmücken„).
- Fries – Lineares, häufig waagerechtes Stilelement aus Ornamenten.
- Formstein – Ist ein Backstein, der eine besondere Form aufweist, um eine spezielle Funktion zu erfüllen.
Backsteingotik: Blütezeit des Bauens mit Backstein

Die Blütezeit des dekorativen Bauens mit Backstein nennt man „Backsteingotik„, „Deutsche Backsteingotik“ oder „Norddeutsche Backsteingotik„. Sie ist eine Sonderform der Gotik (12. – 15. Jahrhundert) im ehemaligen Verbreitungsgebiet der Hanse (Westfalen, Nord- und Ostseeraum) sowie den Niederlanden und Flandern. Der gut verfügbare und preiswerte Backstein ermöglichte erst die enorme Wandlung von der vorangegangenen Romanik hin zur Gotik.
Wies die Romanik noch kleine Fenster und dicke Wände auf, so war die Gotik von großen und hohen Fenstern und einer leichteren Bauweise geprägt. Die Backsteingotik hatte dagegen hohe Räume, die von mächtigen Säulen getragen und mit wunderschönen Kreuzrippen-Gewölben überspannt war. Aus dieser Epoche stammen zudem sehr viele Kaufmannshäuser. Darunter finden sich viele Gebäude mit wunderschönen Stufengiebel aus dem roten Material.
Ein wichtiges Merkmal der Gotik war eine Öffnung der Außenwände durch Fenster sowie eine Reduzierung der Wandstärken und des Gewölbe-Umfangs auf ein Minimum
Bedeutende Gebäude der Stilepoche Backsteingotik
In der Folge ging man auch dazu über, große geschlossene Wände in Kirchen einzureißen und mit hohen Fenster versehen. Diese wurden dann mit hohen Fenster ausgestattet und mit bunten Fensterglas versehen, so dass viel Licht in die Innenräume fiel. Der charakteristischer Baustil, der von Materialreduktion geprägt war, schuf Bauten, die wuchtig und von monumentaler Größe waren, zugleich aber von schlichter Eleganz. Man orientierte sich insbesondere an den Kathedralen Frankreichs, jedoch ohne deren graziles Äußeres zu übernehmen. Bedeutende Gebäude dieser Stilepoche sind die Marienkirche in Lübeck mit dem höchsten Backsteingewölbe der Welt, das Holstentor sowie das Rathaus in Stralsund. Im 16. Jahrhundert ging die Backsteingotik schließlich in die folgende Backsteinrenaissance (siehe Schloss Reinbek bei Hamburg) über.
Backstein als Schmuckelement
Wiederkehrende Muster, sogenannt Ornamente, schmückten die Gebäude-Fassaden ebenso wie glasierte, farbige Ziegel. Oberflächenveredelung die den Klinker ein glattes, farbiges Äußeres verleiht. Hierzu überzieht man die Backstein-Rohlinge vor dem Brennen mit einem Schlicker, der kleine Mengen Ton und gemahlenes Glas (Glasurfritten) enthält. Beim anschließenden Scharfbrand bei 1280 Grad geht die Glasur eine unlösliche, geschlossene und glasartige Verbindung mit dem Klinker ein, die in der Sonne farbig glänzt.

Glasierte Backsteine Fries mit Ornamenten Nikolai Kirche Wismar
Europäische Route der Backsteingotik

Die Europäische Route der Backsteingotik ist ein Verein, in dem sich Städte und Regionen in Deutschland, Polen und Dänemark zusammengeschlossen haben. Viele dieser Mitgliedsstädte verfügen über reichlich Gebäuden aus der Backsteingotik. Hierzu zählen Kirchen, Rathäuser, Befestigungen, Klöster und Bürgerhäuser. Wissenswertes zum damals neuen Baustoff Backstein findet man auch im Hansemuseum in Lübeck.
Der Verein hat es sich zum Ziel gesetzt, Gebäude aus dieser Epoche bekannter zu machen und ihren Erhalt zu sichern. Auf verschiedenen Routen des Vereins lassen sich so schöne Ausflüge und Reisen mit herrlichen Zielen zu Backsteingebäuden erkunden. Hervorgegangen ist der Verein auf Initiative der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und dessen Begründer Gottfried Kiesow.

Ziegel mit glatt gestrichener Form sind etwa seit 6300 v. Chr. aus Mesopotamien bekannt.