Der Holk löste einst die Hanse-Kogge ab
Der Holk war ein Segelschiff aus dem Mittelalter. Ende des 14. Jahrhundert lösten die Kaufleute der Hansestädte nach und nach ihre Koggen gegen Schiffe des neueren Typ „Holk“ (englisch „Hulk„, niederländisch „Hulke„, französisch „Hourque„) ab. Grund hierfür war jedoch auch ein bedeutsames Umweltereignis.
Der Holk löst die Kogge ab
Experten gehen davon aus, dass das Klima in Folge der Kleinen Eiszeit vom 15. bis in das 19. Jahrhundert hinein rauer wurde. Grund hierfür war ein plötzlicher Temperaturabfall durch Vulkanausbrüche. Durch die Eruptionen gelangten viele Asche-Partikel in die Atmosphäre und verursachten so eine Reduzierung der Sonnen-Einstrahlung. Die größte Eruption fand im Jahr 1257 mit dem Ausbruch des Vulkan Samalas in Indonesien statt.
In der Folge sanken weltweit die Temperaturen. Auch endete die Möglichkeit Weizen in Norwegen anzubauen mit der Kleinen Eiszeit abbrupt. Die Meere wurden stürmischer und rauer und als Folge waren die Koggen der Hansekaufleute diesen Verhältnissen nicht mehr gewachsen. So kam es, dass der stabilere und hochseetüchtigere Schiffstyp Holk die Kogge als Haupttransportmittel nach und nach ablöste. Der breite und flachbödig gebaute Holk war ein hochseetüchtiges Schwerwetterschiff, welches es mit den sich verändernden Bedingungen aufnehmen konnte.
Holk Modell im Lutherhaus in Eisenach Thüringen
Durch Zufall bin ich bei meinem Besuch in der schönen Stadt Eisenach auf eine Besonderheit gestoßen. In der Innenstadt befindet sich das sehenswerte Museum des einstiegen Reformers Martin Luther. Seine Eltern schickten ihn 1498-1501 in die alte Heimat um hier zur Lateinschule zu gehen. Bei Ursula und Konrad Cotta bekam er Kost und Logis. Heute befindet hier im ältesten Fachwerkhaus von Thüringen das sogenannte Lutherhaus. Ein Museum, dass über seine Lehrzeit in Eisenach informiert. Mitten in der Ausstellung befindet sich auch ein Modell eines Holk Segelschiff aus dem Mittelalter.
Ein neuer Schiffstyp für veränderte Umwelt-Bedingungen
Der Holk war ein relativ breites und flachbodiges Schiff mit einem flachen Balkenkiel. Es stellte eine Mischform aus der Kogge mit dessen Kiel, sowie einem breiten und rundlichem Rumpf mit mehr Bewehrungen althergebrachter Schiffstypen dar. Die äußere Beplankung erfolgte weiterhin überlappend in Klinkerbauweise wie bei der Kogge. Verbunden wurden die Planken jeweils mit Nieten aus Metall. Dazwischen fügte man Bänder aus Baumwolle, um kein Wasser in das Schiff eindringen zu lassen. Bereits zur Römerzeit wurden erste Versionen dieses Schiffstyps gebaut. Zu sehen hier an Hand einer Denar Münze aus Dorestad in den Niederlanden. Im Musée de l’Arles et de la Provence antiques wird eine Rekonstruktion eines römischen Transportschiffs (oraria navis) für die Verwendung auf Flüssen und in küstennahen Gewässern ausgestellt.
Römische Oraria Navis
Oraria Navis, Foto von Misburg 3014 / CC BY-SA
Durch den flachen Boden war es möglich, das Schiff auch über Land zu ziehen (zu „treideln„, ein Schiff ziehen über Land und Wasser). Ein aus der Zeit um das Jahr 800 stammendes Schiff, wurde nahe Utrecht in den Niederlanden gefunden. Denar Münzen aus dem einstigen niederländischen Dorestad, zeigen diesen Schiffstyp ebenfalls als Motiv. Später, im Jahr 1.000 unterschied der englische Zoll „Keels“ und „Hulks„. Beide Typen hatten den gleichen Zoll zu zahlen. Ein Siegel der englischen Stadt „Hulkesmouth“ von 1295 bezeichnet das abgebildete, einer Kogge sehr ähnliche Schiff, als Hulk.
Auch als Kriegsschiff geeignet
Der Schiffstyp Holk wurde zunächst mit einem, spöter jedoch mit drei Masten gefertigt. Hinzu kam eine geschützter Ausguck, bzw. Aussichtsplattform am Mast, genannt „Mars“ (auch „Krähennest“ genannt). Markant waren auch die Vorder- und Achterkastelle, geschützte Bereiche für die Mannschaft bei einem Angriff zur See. Diese waren seitlich hoch vom Schiffsrumpf aus beplankt.
Als Segel kamen Rahsegel und Lateinsegel zum Einsatz. Lateinsegel haben gegen Rahsegel den Vorteil, dass man mit ihnen höher am Wind fahren kann (in einem geringen Winkel von ca. 45 Grad zum Wind). Man kann als in einem spitzen Winkel in/gegen den Wind fahren und macht dennoch Fahrt. Der Kapitän musste in der Folge also weniger gegen den Wind Kreuzen und war somit schneller am Ziel. Neben dem einmastigen Grundtyp traten auch Zweimaster und Dreimaster auf.
Größerer Nutzen für die Kaufleute
Damals waren Holks mit etwa 50–60 Lasten (100–120 Tonnen Tragfähigkeit) eher kleiner als Koggen, zogen jedoch im 14. Jahrhundert gleich auf. Im Lauf der Zeit entwickelte sich aus dem bisher kleineren Holk mit bis zu 60 Lasten (120 Tonnen, 1 Last = 4.000 Pfund = 2.000 Kilogramm = 2 Tonnen), ein mit bis zu 350 Tonnen Tragfähigkeit großes Frachtschiff (ab dem 15. Jahrhundert). Auf dem Bild links siehst du eine Abbildung eines Holk Segelschiff mit einem Vorder- und einem Achterkastell, sowie einem Mars Ausguck an der Spitze des Hauptmast.
Der Holk überholte damit bei der Leistungsfähigkeit die Kogge. Die verbesserte Rumpfform und die zwei bis drei Masten mit optimierter Takelung (Anordnung der Masten) sowie einer höheren Nutzlast verhalfen dem Schiffstyp letztlich zum Durchbruch. Viele Händler der Hanse wechselten alsbald von der Kogge hin zu diesem Schiffstyp. Das Wappen der Stadt „Beidenfleth“ in Schleswig Holstein ziert bis heute ein Schiff von Typ Holk.
Daten zum Schiffstyp Holk:
- Verdrängung: 250 bis 350 Tonnen
- Länge: 30 bis 40 Schritt
- Entstehungszeit: 800-1000
- Besatzung: 15 bis 35 Mann
- Masten: 1 bis 3
- Tragfähigkeit: 120 – 350 Tonnen
- Bewaffnung: 4-14 Kanonen
- Vorder- und Achterkastell
Erst gegen Ende des 15. Jahrhundert wurde der Holk durch den Schiffstyp „Kraweel“ abgelöst.